Dienstag, 28. September 2021

Trainieren statt Schreien (oder Schlimmeres)

Hallo ihr Lieben,

aus gegebenen Anlass möchte ich heute über ein weiteres Thema schreiben, das mir wichtig ist! Häufig muss ich leider miterleben, dass viele Hundehalter bei (vor allem für sie) unangenehmen Hundebegegnungen in denen ihr/e Hund/e für sie unerwünschtes Hundeverhalten zeigen, diese dann sehr ungerecht, unschön und z.T. nicht tierschutzkonform behandeln! Heute Morgen zum Beispiel kamen mir und Schnee zwei Halter/innen frontal entgegen und ich wollte schon hundegerecht ausweichen (weil sich Schnee mit Enge und fremden Hunden auch schwerer tut), als die beiden Halter samt Hunden in eine Autonische schlüpften und sagten, wir können vorbeigehen. Bewaffnet mit leckeren Leckerlies im Beutel und dem begleitenden Zauberwort "Weiter" lotste ich Schnee also an den unruhigen und z.T. bellenden, springenden Hunden vorbei. Schnee hat sich mit ruhigem Zureden und schnellem Vorbeimarschieren von der Pöbelei nicht anstecken lassen und hat dementsprechend gleich in sicherer Entfernung ein wohlverdientes Stück getrocknetes Hühnerfilet bekommen. Zehn Meter weiter, immernoch hinter dem Auto in der Nische, hörte ich die Halterin des bellenden Hundes hysterisch und lautstark den Hund anschreien (und ich hoffe für den Hund nicht noch Schlimmeres fabrizieren). Bei einer anderen kürzlichen Hundebegegnung mit einem sehr freudig erregten kleinen Hundemädchen an einem sehr engen Feldweg, musste ich miterleben, wie der Halter das aufgeregte Hundemädchen während ich mit Schnee ruhig vorbeiging, auf den Rücken gedreht und grob heruntergedrückt hat (anstatt zum Beispiel einfach zur Seite zu gehen und allen mehr Raum/ Platz zu geben)! Ich habe ihm dann mitgeteilt, dass er tierschutzwidrig handelt und durfte mir dann erboste Antworten anhören, nach dem Motto, das ginge mich nichts an, ich würde das nicht verstehen und das müsse so sein...

Das Schlimme für mich an all diesen Situationen ist der unfaire, ungerechtfertigte und z.T. sehr grobe Umgang mit den Hunden! Es ist sehr wichtig zu verstehen und den Haltern sollte klar sein (oder klar gemacht werden), DASS HUNDE NUR ZEIGEN BZW. ABRUFEN KÖNNEN, WAS SIE VORHER GELERNT UND (MEHRFACH) TRAINIERT HABEN!!! Es bringt nichts den Hund für sein Bellen, in die Leine springen, Knurren etc. zu bestrafen, während der Stressor (Hundefeind, Jogger, Fahrrad etc.) vorbeigeht, da das nur das Symptom also das reagierende Verhalten ist. Die Motivation dahinter und die Ursache sind aber das Entscheidende! 1. muss also geklärt werden, warum der Hund dieses Verhalten zeigt und was er damit erreichen möchte. Möchte er z.B. eine Distanzvergrößerung, weil er unsicher ist, schlechte Erfahrungen an der Leine gemacht hat oder gelernt hat, dass andere Hunde Stress bedeuten etc. oder möchte er eine Distanzverringerung, weil er vielleicht spielen, schnüffeln oder aber auch schädigen/ beißen etc. möchte! 2. Anhand dieser Indizien muss dann ein Trainingsprogramm und gewünschtes Alternativverhalten erstellt, trainiert und umgesetzt werden. Die Hunde können nicht hellsehen, welches Verhalten wir gerne von ihnen in dieser Situation (z.B. enge Hundebegegnung) hätten, sondern werden immer wieder ihr natürliches, hündisches oder erlerntes, am meisten Erfolg bringendes Verhalten zeigen, das sich in der Regel immer wieder für sie lohnt, weil beispielsweise sich der Stressor nach dem Ausflippen entfernt, Bellen selbstbelohnend ist, der Halter vermeintlich "mitbellt" (wenn auch eher den Hund anschreit) usw. Lerntheoretisch funktioniert Strafe, aber sie hat viele Risiken und Nebenwirkungen/-effekte, da sie punktgenau und hart genug sein muss, um ein unerwünschtes Verhalten bestenfalls auszulöschen (damit fällt sie außerdem schon schnell in den tierschutzrelevanten Bereich!). Meist bewirkt die Strafe aber nur einen kurzen Effekt und der Mensch ist vermeintlich zufrieden und denkt, es hat funktioniert (für diesen Moment), aber in der nächsten, gleichen Situation wird der Hund wieder so reagieren wie immer und der Mensch auch, nur ggf. noch lauter, härter - ein Teufelskreis. Zudem besteht die Gefahr, dass die Strafe (der Schmerz/ unangenehme Reiz, die ausgelöste Angst etc.) mit dem Halter, der Umgebung, dem Geruch, einer anwesenden Person, etc. in dieser Situation negativ verknüpft wird oder der Hund nach einiger Zeit ganz aufgibt und in die erlernte Hilfslosigkeit fällt, weil er das Gefühl hat, dass er nichts richtig machen kann und Angst vor der drohenden Strafe hat (ein Hund, der für Unwissende ruhig wirkt aber innerlich enorm leidet). Weiterhin gravierend, es entsteht für den Hund ein großer Vertrauensverlust, da ja genau der Halter/ die Bezugsperson des Hundes für ihn in stressigen Situationen da sein sollte und ihn unterstützen und da rausholen sollte!!! 

Hinter jedem Verhalten steht eine Emotion oder ein Gefühl und dahinter steht ein Bedürfnis! Wenn wir dieses Bedürfnis bzw. diese Motivation herausfinden und befriedigen, anstatt uns nur auf das gezeigte Verhalten zu versteifen, dann fangen wir an, an der Ursache zu arbeiten und können das zukünftige Verhalten nachhaltig beeinflussen/ verändern und in ein gewünschtes, für alle besseres und stressfreieres Verhalten umtrainieren! 

Wir alle möchten doch, dass es unseren Hunden gut geht, dass sie sich wohlfühlen und sich jederzeit auf uns verlassen können (und gerne mit uns zusammen sein möchten)! Daher ist es wichtig, dass wir sie lesen, verstehen, ihnen zuhören und ihnen die schwierigen Situationen, z.B. frontale Hundebegegnungen, und das Zusammenleben in unserer menschlichen Gesellschaft vereinfachen und schaffbar machen! Also wenn Ihr in enge Situationen, z.B. mit anderen Hunden kommt, dann helft allen Anwesenden und gebt mehr Platz oder wechselt die Seite, sodass die Hunde nicht dicht an dicht vorbeigehen müssen (würden sie in Freiheit auch niemals tun), geht einen Bogen oder wechselt zur Not die Straßenseite oder habt ein Leckerlie parat, um den aufgeregten Hund abzulenken, die Situation positiv zu verknüpfen oder auch mithilfe von Management den Hund mit Leckerlie-Magnet an der Nase aus bzw. durch die Situation zu führen! Ihr könnt Euch auch an den Rand begeben, den Hund füttern oder kleine Leckelies auf dem Boden erschnüffeln oder suchen lassen, um ihm die Situation zu erleichtern und den anderen Hund vorbeigehen lassen (der übrigens auch sieht, dass Euer Hund schnüffelt und scheinbar keine Gefahr bedeutet - in Hundesprache) u.v.m.! Lasst Eure Hunde nicht allein in diesen für sie schweren Situationen, die in einer Hundewelt ohne uns so gar nicht zustande kommen würden! Eure Hunde wissen sich in diesen Situationen nicht anders zu helfen und zu verhalten, also helft ihnen und denkt dran: Behandelt Eure Hunde so, dass Ihr im nächsten Leben getrost (ohne Probleme/ Sorge) Rollen tauschen könntet! :)       


Falls Ihr Probleme in solchen Situationen habt, dann sucht Euch gerne professionelle Hilfe, z.B. von einer/m tierschutzqualifizierte/n Hundetrainer/in in Eurer Nähe (Liste aller TSQ Trainer/innen), findet zusammen die Verhaltensursache und übt Euer gewünschtes Zielverhalten Eures Hundes für diese Situationen!  

Alles Gute und liebe Grüße,

Eure Sabrina 

  

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